Gehirne versus Computer
- Mariya Pavlenko

- 30. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Sept.

Notizen nach dem Vortrag "Oszillationen, Wellen und Interferenzen. Die Lingua Franca der Großhirnrinde. Über die wesentliche Rolle der Dynamik im Unterschied zwischen Gehirnen und Computern. Sonic Talk von Wolf Singer (Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience, Frankfurt)." in Hauptgebäude der Bauhaus-Universität Weimar, Oberlichtsaal am 27. Mai 2025.
Singer erforscht, wie natürliche Gehirne funktionieren. Dabei stellt sich die Frage, ob Computersysteme nach den gleichen Prinzipien arbeiten und was wir aus diesem Vergleich für die Entwicklung Künstlicher Intelligenter Systeme (KI) lernen können. Als Beispiele dienen sogenannte Deep Neural Networks (DNNs) und Large Language Models (LLMs): DNNs sind künstliche neuronale Netze mit vielen Schichten, die komplexe Aufgaben erfüllen. Beispiele sind die Bilderkennung oder das Lösen kombinatorischer Probleme wie das Spielen von Schach oder Go. LLMs wie ChatGPT sind eine besondere Form solcher Netze, die auf Basis riesiger Textmengen trainiert wurden, um Sprache zu »verstehen« und Schlussfolgerungen zu ziehen.
Singers Forschung legt nahe, dass sich künstliche und natürliche Systeme grundsätzlich anderer Prinzipien bedienen, um ihre Leistungen zu erbringen. Künstliche Systeme arbeiten mit digitalen Signalen und verarbeiten Information seriell in streng hierarchischen Architekturen. Natürliche Systeme verwenden analoge Signale, die in stark vernetzten Architekturen mit flacher Hierarchie parallel verarbeitet werden. Der wichtigste Unterschied ist, dass künstliche Systeme keine Dynamik aufweisen, während die natürlichen ein hochdynamisches Verhalten zeigen. Dazu gehören rhythmische Schwingungen der Aktivität, sogenannte Oszillationen, die sich überlagern und synchronisieren können, oder als wandernde Aktivitätswellen komplexe Interferenzmuster ausbilden. Aus Simulationsstudien, die auf neurobiologischen Erkenntnissen beruhen, schließt Singer, dass diese komplexe Dynamik Grundlage einer extrem effizienten Rechenstrategie ist, die in manchen Aspekten der ähnelt, die auch in Quantencomputern Anwendung findet.
Solche Erkenntnisse könnten langfristig neue, energieeffiziente KI-Systeme ermöglichen, die sich stärker an der Funktionsweise des Gehirns orientieren. Singers interdisziplinärer Ansatz verbindet Neurowissenschaft und Informatik und lädt dazu ein, Kognition und künstliche Intelligenz aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.



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